Haushaltsrede der SPD Waghäusel

Veröffentlicht am 05.02.2016 in Fraktion

Gehalten vom Fraktionsvorsitzenden Lutz Schöffel in der Gemeinderatssitzung am 25. Januar 2016

 

 

Haushaltsrede

zum Haushalt der Stadt Waghäusel für das Haushaltsjahr 2016

am 25. Januar 2016

SPD-Fraktion, Fraktionsvorsitzender Lutz Schöffel

 

Sehr geehrter Oberbürgermeister Heiler

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

wir werden heute für das Jahr 2016, so wird es wahrscheinlich in den Schlagzeilen der lokalen Presse zu lesen sein, einen Rekordhaushalt verabschieden. „Rekord“ wieder eines der Wörter, ohne die man in der heutigen nicht mehr auszukommen scheint. „Mega…“, „Giga“… „Monster…“ sind Worte, mit denen man Dinge beschreibt, um deren Bedeutung zu überhöhen.

Sie eignen sich sehr gut um Stimmungen zu erzeugen, wenn nicht dazu Stimmung zu machen. Weniger eignen sie sich dazu, Hintergründe zu beleuchten und den Blick auf Details zu richten.

Insofern möchte ich das Wort „Rekord“ für den Haushalt 2016 nicht verwendet wissen. Der zu verabschiedende Haushalt  ist das sachliche, ja nüchterne Ergebnis intensiver Überlegungen und  Planungen dessen, von dem wir glauben, dass es unter den gegebenen Umständen das Beste für Waghäusel und unsere Bürgerinnen und Bürger ist. Das Beste für Heute und das Beste für die kommenden Jahre. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Dass man sich dabei nicht immer einig ist, liegt im Wesen der Demokratie. Kompromisse sind das Lebenselixier der Demokratie und im Wesen eines Kompromisses liegt es, dass niemand genau das bekommt was er will. Richtschnur für die Abwägung der Entscheidungen, die dann in den Haushalt einfließen, ist das Gemeinwohl und nicht das Einzelinteresse.

Und weil nicht immer so ganz klar ist, was Einzelinteresse und was Gemeinwohl ist, bzw. ob Einzelinteressen durch das Gemeinwohl zu stark eingeschränkt werden (dies ist in der Tat ein Dilemma), ist es wichtig, dass die Entscheidungsträger im ständigen Dialog mit der Bürgerschaft stehen, die Entscheidungen transparent machen und so gut es geht einen Interessenausgleich hinbekommen. Und dies geschieht.

Dies ändert aber nichts daran, dass zuletzt das von unseren Bürgerinnen und Bürgern gewählte Gremium (in unserem Falle der Gemeinderat) die Entscheidungen zu treffen hat. Leider will oder kann das nicht jeder einsehen. Dies macht Demokratie anstrengend, aber es lohnt sich dafür einzutreten, denn es gibt keine bessere Alternative.

Einfluss des Haushalts 2015 auf den Haushalt 2016

Ein Grund für den starken Anstieg des VmH ist neben den neuen Investitionen (Breitband, Unterkünfte für die Anschlussunterbringung, Schulentwicklung, Kleinkindbetreuung) vor allem die Übernahme von Investitionen, die für 2015 vorgesehen waren aber erst 2016 realisiert oder abgerechnet werden. Alles in allem ca. 5 Mio. Euro.

Hier sind vor allem die Verzögerungen bei der Wagbachverlegung (Petition) und bei der Umgestaltung der Eremitage, beim Neubau des mittleren Schwimmbeckens des Freibades und bei der Abrechnung des Ausbaus des Bernardus-Kindergartens  zu einer 7-gruppigen Einrichtung zu erwähnen.

Bei der Bildung von Haushaltsresten würden diese Beträge im neuen Haushalt gar nicht mehr auftauchen und dieser entsprechend niedriger ausfallen. Diese Beträge würden natürlich nicht verschwinden, sondern dem Jahr 2015 und dessen Jahresrechnung zugeschrieben. Ob es besser ist, deshalb die Bildung von Haushaltsresten wieder einzuführen ist fraglich. Gut wäre es hingegen, Möglichkeiten zu finden, bei der Planung, vor allem bei großen Projekten, die Zeitschiene besser in den Griff zu bekommen. An dieser Stelle sei der Verwaltung und unserem OB ausdrücklich dafür gedankt, dass trotz der Verzögerungen durch geschicktes Verhandeln die Bezuschussung unserer Investitionen durch das Land vollständig erhalten werden konnte.

Werte für die Zukunft

Wir müssen auch 2016 Kredite aufnehmen. 8,5 Mio. €, wenn alles realisiert werden kann, was wir uns vorgenommen haben. Die Zuführungen aus dem Verwaltungshaushalt reichen nicht aus um unsere Investitionen zu decken. Der größte Teil der Kredite war aber schon im Haushalt 2015 eingeplant und wird mit den in 2015 nicht mehr realisierten Investitionen ins Jahr 2016 übernommen. Die Kredite sind trotzdem notwendig und sinnvoll, denn anders als der Urlaub auf Pump schaffen sie zusammen mit einem weit höheren Betrag an eigenen Finanzmitteln Werte für die Zukunft.

Es stimmt also nicht, dass zukünftige Generationen die Zeche für das zahlen, was wir heute verjubeln, ganz im Gegenteil, sie haben den Nutzen von dem, was wir heute anfangen aufzubauen. 17 Mio € für die Kleinkindbetreuung, die Breitbandversorgung, die Schulentwicklung und die Stadtentwicklung sind Investitionen für Waghäusels Zukunft.

Breitbandverkabelung

Wir werden 2016 eine Mio € in den Ausbau unseres Breitbandnetzes investieren und wenn man den Planungen glauben darf, kommen hierfür in den kommenden Jahren weitere 19 Mio € hinzu.

So notwendig der Ausbau auch ist, sowohl für  Gewerbebetriebe als auch für die  privaten Nutzer (und deshalb werden wir den Ausbau auch konsequent und mit Nachdruck vorantreiben), so fraglich ist es, ob die Stadt das eingesetzte Kapital jemals wieder zu 100% zurückbekommt.

Hier zeigen sich die Nachteile der Privatisierung des Telekommunikationsmarktes. Während sich in den Ballungszentren aufgrund der hohen Nutzerdichte und der kurzen Anschlusswege die Telekommunikationskonzerne eine goldene Nase  verdienen (Gewinne also privatisiert werden) wird die Sache in den Landkreisen, wo es wenige Hochhäuser und Großnutzer gibt, wo das Geschäft unrentabel oder zumindest mühselig ist, den örtlichen Kommunen überlassen. Da hilft auch die Unterstützung des Landkreises bis zum Ortseingang nur bedingt.

Weil Kommunikation und Information zu den Bereichen der Daseinsvorsorge gerechtet werden müssen, erhoffen wir uns als Landkreiskommune hier eine größere Unterstützung durch Bund und Land.

Flüchtlingsbetreuung und –Unterbringung

Waghäusel hilft, und zwar unvoreingenommen, human, uneigennützig und ausdauernd. Hierfür sei allen freiwilligen Helferinnen und Helfern, Gruppen und Vereinen, sowie den zuständigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Rathaus aufrichtig gedankt. 

Wir werden uns unsere Willkommenskultur weder von straffällig gewordenen Flüchtlingen noch von einem braunen Mob, der jetzt wieder die Chance sieht, seine menschenverachtenden Parolen heraus zu trompeten, kaputt machen lassen. Übrigens auch nicht von minderbemittelten Dumpfbacken in den Sozialen Netzwerken.

Wir wissen, dass die überwältigende Mehrzahl der Flüchtlinge unbescholten ist und unsere Hilfe benötigt. Wir verharmlosen in keinster Weise die unsäglichen Ereignisse der letzten Silvesternacht und andere gleichgeartete Übergriffe, so etwas durfte nicht und darf nicht wieder passieren. Die Verantwortlichen sind mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Rechenschaft zu ziehen. Vor- bzw. Pauschalverurteilungen ganzer Bevölkerungsgruppen sind aber genauso verurteilungswürdig wie unangebracht, sie sind widerwärtig.

Hilfe kostet Geld, das ist normal und jedem Helfenden klar. Weil wir helfen und helfen wollen, hat dies auch Auswirkungen auf den Haushalt 2016. Weniger die Finanzierung der Gemeinschaftsunterkünfte, die wird zu 100% vom Landkreis geschultert, als die Finanzierung der Anschlussunterbringung. Für die Bereitstellung von Wohnraum werden wir 3 Mio € ausgeben.

3 Mio € die gut angelegt sind für Menschen, die eine menschenwürdige Unterkunft und eine Zukunftsperspektive bei uns suchen. Eine Investition, die nicht nur hilft, sondern auch für Einnahmen in Höhe von 450.000 € in 2016 und in den kommenden Jahren sorgen wird. Einnahmen die zum Teil vom Land aber auch zu einem guten Teil von den Bewohnern selbst getragen werden.

Regionale Schulentwicklung

Schulentwicklung und Bildung braucht Verlässlichkeit, Nachhaltigkeit und Vielfalt. Wir müssen unseren Kindern die Möglichkeit gegeben, einen Bildungsweg einschlagen zu können, der ihren Anlagen entspricht und ihre Talente fördert. Und das, wenn möglich, bis zum Abitur. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass sich die Bildungsplanung für ihre Kinder auch morgen noch umsetzen lässt. Deshalb braucht Waghäusel in jedem Ortsteil eine verlässliche Grundschule, und für die Stadt ein zentrales Bildungszentrum das unsere Kinder entweder über die Realschule oder über die Gemeinschaftsschule  beste Bildung ermöglicht. Das hierfür notwenige Geld muss investiert werden. Wenn wir an der Bildung sparen, rauben wir unseren Kinder die Zukunft.

Es ist also an der Zeit, und dies ist mit dem Mehrheitsbeschluss in der letzte Sitzung des Jahres 2015 bereits geschehen, nun den entscheidenden Schritt vorwärts zu machen und die Zentrale Lösung für ein Bildungszentrum an der Gymnasiumstrasse voranzutreiben.

Leider hat der Rat dabei in der Öffentlichkeit kein einheitliches Bild abgegeben. Leider haben ein paar Gemeinderäte versucht, die notwendigen und richtigen Weichenstellungen dazu zu nutzen, im Handstreich die Gemeinschaftsschule abzuschaffen. Zum Glück ist der Rat in Summe aber vernünftig, sodass dies nicht gelungen ist. Wir hoffen nun, dass sie ihre Blockadehaltung aufgeben und sich zukünftig konstruktiv in die weitere Schulentwicklung einbringen.

Ausblick in die Zukunft

Wenn wir heute den Haushalt 2016 beschließen, betrifft dies lediglich das kommende Jahr. Wenn wir aber den Blick weit über die mittelfristige Finanzplanung hinaus auf die nächsten 100 Jahre richten, und das ist angesichts der Weltgeschichte nicht einmal ein Wimpernschlag, dann sollten wir uns heute schon überlegen, ob wir immer so weitermachen können. Die Kapazität des Verkehrsraums, der Bewegungsraum für unsere Bürgerinnen und Bürger, der Raum für Wald und Natur, die Fläche unserer Gemarkung ist begrenzt.

Das ist heute schon direkt zu spüren. Zeit also, anzufangen über Verkehrskonzepte, Wohnkonzepte, Energiekonzepte, Umweltkonzepte, Lebenskonzepte also über ein integratives Zukunftskonzept für unsere Kommune nachzudenken, das weniger auf Wachstum als auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist.

Ein Konzept, das weniger die Selbstoptimierung der heute Lebenden als die Sorge um die Zukunft kommender Generationen (also das Gemeinwohl von morgen) im Blick hat. Da werden echte Demokraten gefordert sein.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Ihnen und Ihren Mitarbeitern danken wir für den im vergangenen Jahr geleisteten Einsatz für unsere Stadt und den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für eine gute Streitkultur. Unser besonderer Dank gilt dem Leiter des Rechnungsamtes, Herrn Wagner, für die Ausführlichkeit der Unterlagen und für das professionelle Vorgehen bei der Aufstellung des Haushalts.

Der Haushaltssatzung mit dem Haushaltsplan 2016 stimmt die SPD-Fraktion in der vorliegenden Fassung zu.