Stellungnahme der SPD-Fraktion zur Schulentwicklungsplanung

Veröffentlicht am 19.05.2013 in Kommunalpolitik

Waghäusel braucht bei der Gemeinschaftsschule die „große Lösung“

Waghäusel – 5/2013

Die Schulentwicklung und Bildungsplanung in der (großen Kreis-)stadt Waghäusel muss im größeren Zusammenhang der Region nördlicher Landkreis/Bruhrain gesehen werden. In diesem Raum hat Waghäusel, von der Bevölkerungszahl und der Wirtschaftskraft her gesehen, eindeutig eine Zentrumsfunktion.
Um jedoch in bildungspolitischer Hinsicht zukunftsfähig zu bleiben, müssen wir unseren ca. 21.000 Einwohnern, einfach mehr anbieten. Dies ist keine Kritik und auch keine Aussage gegen irgend eine der bestehenden Schulen oder Schulformen in Waghäusel, im Gegenteil. Aber die Bildungslandschaft ist landesweit und bundesweit in Bewegung, und darauf müssen und wollen wir reagieren. Wir wollen und müssen den Schulstandort Waghäusel sinnvoll und konstruktiv weiterentwickeln.
Nach jahrzehntelanger schulpolitischer Stagnation in dem reichen Bundesland Baden-Württemberg hat die neue Landesregierung erkannt, dass das bisherige überkommene Schulsystem bundesweit, aber auch für viele Familien ein Auslaufmodell ist, das vor allem in den Bereichen Chancengerechtigkeit und schulischer Förderung weit hinter den heutigen Möglichkeiten und Notwendigkeiten zurückbleibt. Wir haben deshalb die große Chance, den Schulstandort Waghäusel zukunftssicher auszubauen und zu festigen.
Dies wollen wir nicht deswegen, weil an unseren 3 weiterführenden Schulen schlechte Arbeit geleistet wird, im Gegenteil. Die engagierten und motivierten Lehrerinnen und Lehrer an der J.-P.-Hebel Realschule, an der Bolanden- und an der Schillerschule leisten gute Arbeit, die unsere Anerkennung und Unterstützung verdient.

Aber gleichzeitig kann niemand übersehen, dass wir uns in einem Prozess umwälzender gesellschaftlicher Entwicklungen befinden. Geburtenrückgang, Facharbeitermangel – für immer mehr Berufe werden fundierte Kenntnisse und Kompetenzen verlangt.
Prozentual gesehen wollen immer mehr Schülerinnen und Schüler einen immer höheren Bildungsabschluss erreichen. Die Nachhilfe-Industrie hat darauf schon lange reagiert – sie „boomt“ geradezu in unserem Land.
Wer die Veränderung der Schülerströme in den letzten Jahren in Baden-Württemberg untersucht, kann feststellen, Eltern und Schüler sind landesweit dem gegliederten Schulsystem durch „Abstimmung mit den Füßen“ davongelaufen - in die Gymnasien,
in Realschulen, in Privatschulen (die sich „ihnen genehme Schüler“ und zahlungskräftige Eltern selbst aussuchen). Die Entwicklung der Schülerzahlen ist teilweise alarmierend, und genau vor diesem Problem stehen wir auch hier in Waghäusel: Trotz Ganztagesschulbetreuung, trotz Schulsozialarbeit usw. sind die Anmeldezahlen für unsere beiden Hauptschulen/Werkrealschulen so stark zurück gegangen, dass ihr Weiterbestehen erheblich gefährdet ist.
Darauf müssen wir angemessen und zukunftsfähig reagieren. Es nützt nichts, wenn wir in ein allgemeines Gejammer, Schwarzmalerei oder eine Schockstarre verfallen. Von Gemeinderat und Verwaltung werden Konzepte und Entscheidungen erwartet. In der jetzigen Situation haben wir noch die Möglichkeit, die Weichen zu stellen für tragfähige Lösungen. Der Gemeinderat der Stadt Waghäusel hat deshalb am 13.5.2013 mit großer Mehrheit (bei wenigen Gegenstimmen aus den Reihen der CDU) den Weg für die „große Lösung einer Gemeinschaftsschule in Waghäusel“ freigemacht. Diese soll die bisherigen Schulen der Sekundarstufe 1 (Realschule, Schillerschule und Bolandenschule) zusammenfassen und alle schulischen Abschlüsse ermöglichen. Nach Klasse 10 wäre dann sogar eine Sekundarstufe 2 (Weiterführung bis zum Abitur) in Waghäusel möglich.
Die 4 Grundschulen in Waghäusel sind von dieser Entscheidung nicht betroffen!

Wir von der SPD-Fraktion sind offen für sachliche, lösungsorientierte Gespräche mit allen Betroffenen und Beteiligten, die bereit sind, gemeinsam diesen Weg zu gehen. Wir wissen, dass noch ein erheblicher Informationsbedarf über die neue Schulform „Gemeinschaftsschule“ besteht. Es gilt, alle Waghäusler Kinder und ihre Eltern mitzunehmen, und ihnen ein bestmögliches Bildungs-, Betreuungs- und Förderangebot in der Stadt Waghäusel bereitzustellen. Wir sind ganz entschieden der Meinung, dass in unserer Stadt in Zukunft alle Bildungsabschlüsse der Sekundarstufe 1 – und darüber hinaus auch ein Abschluss der Sekundarstufe 2 (Gymnasium oder gymnasiale Oberstufe) möglich sein muss. Wir wollen ganz schlicht und einfach eine weitere Verbesserung der Bildungschancen für die Waghäusler Schüler hier vor Ort, und die Gelegenheit dazu ist gegeben. Das sind wir unseren Schülern und Eltern auch deshalb schuldig, weil überhaupt nicht abzusehen ist, dass sich der öffentliche Personen-Nahverkehr oder der Schulbusverkehr in absehbarer Zukunft wesentlich verbessern wird, abgesehen davon, dass uns hier die Kosten davonlaufen. Investitionen in schulische Einrichtungen in unserer Gemeinde sind hier die bessere Lösung.
Nur wenn wir uns einig sind, dass wir das Beste für unsere Kinder erreichen wollen, werden alle mitziehen: die Eltern, die Lehrer, die Schulleitungen, die Schulbehörden.

„Stillstand ist Rückschritt“ – das haben die Entscheidungsgremien in unseren Nachbargemeinden erkannt und es kann nicht sein, dass ausgerechnet die „große Kreisstadt“ Waghäusel hier ins bildungspolitische Abseits gerät: Wir haben die entsprechende Zahl von Einwohnern, als kinderfreundliche Stadt auch genügend Kinder, und auch unsere Schulen in Waghäusel haben immer wieder bewiesen, dass sie leistungsfähig und bereit zur Weiterentwicklung sind. Deshalb: Unsere Intention richtet sich gegen keine Schulart oder Schulform, auch nicht gegen Entscheidungen oder Entwicklungen in den Nachbargemeinden. Wir schauen auf unsere Situation und erkennen, was für die Zukunft zum Wohle unserer Bürger getan werden muss, das Potential dazu ist da!

Waghäusel, 5/2013
Roland Herberger